2021 – ein Jahr der Hoffnung?

von | 08. Dezember 2020

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Das Jahr 2020 wird in die Geschichte eingehen. In jeder Hinsicht. Auch ökonomisch betrachtet. Gerade als die Weltwirtschaft begann, sich vom 2018 und 2019 eskalierenden Handelsstreit zu erholen, kam die Covid-19-Pandemie. Nun beginnt die Konjunktur gerade wieder Tritt zu fassen. Langsam und immer wieder von Rückschlägen zurückgeworfen versucht sie den größten Einbruch seit dem Zweiten Weltkrieg hinter sich zu lassen. Auch Teile der Kapitalmärkte befinden sich wieder im Erholungsmodus. Insbesondere Technologie-aktien und andere Wachstumswerte, Gold sowie Teile des Anleihemarktes trugen maßgeblich zur Aufwärtsbewegung der vergangenen Monate bei. Aber wo stehen wir jetzt? Die Kapitalmärkte sehen sich positiven und negativen Einflussfaktoren gegenüber. Die US-Wahl liegt zwar hinter uns, ein so dringend benötigtes Fiskalpaket ist aber immer noch nicht in Aussicht. Die Genehmigung neuartiger COVID-19-Impfstoffe scheint zwar nur mehr eine Frage von Wochen, aber hohe Infektionszahlen zwingen Teile Europas und der USA wieder in den Lockdown. Wie sind also die Aussichten an den Finanzmärkten?

Verstetigung der konjunkturellen Erholung

Trotz einer regional unterschiedlich ausgeprägten „zweiten Welle“ in der Pandemie hat die ökonomische Erholung weltweit eingesetzt. Sie sollte im Jahr 2021 zu kräftigen Zuwachsraten beim Output führen. Erste Anzeichen dieser Entwicklung beobachten wir in Asien. Diese Region repräsentiert mittlerweile etwa 35 Prozent der Weltwirtschaft und ist daher für den Welthandel von großer Bedeutung. Aufgrund des erfolgreichen Umgangs mit der Pandemie deuten dort viele jüngst veröffentlichten Konjunkturdaten eine dynamische Aufwärtsbewegung in den kommenden Monaten an. Die Belebung in Asien kommt mittlerweile auch im verarbeitenden Gewerbe in den USA und Europa an. Jedenfalls spiegeln die Geschäftsklimaumfragen bis zuletzt eine anhaltend zuversichtliche Einschätzung der Unternehmen wider. Wenn im Verlauf der kommenden Monate die Corona-Krise durch den Einsatz von Impfstoffen effektiver bekämpft werden kann, sollte die Expansionsdynamik auch in diesen Regionen wieder zunehmen.

Wir gehen davon aus, dass zukünftige Konjunkturpakete die Aufwärtsbewegung weiter vorantreiben und dynamisieren werden. Die Europäische Union wollte eigentlich schon längst ein 1,8 Billionen Euro schweres Finanzpaket für die kommenden sieben Jahre auf den Weg bringen. Doch die beiden Mitgliedstaaten Ungarn und Polen haben ihr Veto eingelegt – aus Protest gegen eine Verpflichtung zur Rechtsstaatlichkeit. Eine Einigung dürfte aber in den kommenden Wochen vermeldet werden. Ähnlich gestaltet sich die Situation in den USA. Ein Kompromiss für ein neuerliches Corona-Hilfspaket steht immer noch aus und könnte kurzfristig belastend wirken. Der US-Wirtschaft fehlt es aber seit Jahren an selbsttragenden Kräften. Selbst konjunkturell gute Jahre in der jüngeren Vergangenheit waren flankiert von hohen staatlichen Defiziten. Da verwundert es kaum, dass sowohl die Republikaner als auch die Demokraten weitere Stützungsmaßnahmen als dringende Notwendigkeit betrachten. Der Streit um die Ausgestaltung und Höhe des Pakets gleicht einem politischen Pokerspiel, das bald sein Ende finden sollte.

Erste Hinweise auf leicht steigende Inflationsraten in den kommenden Monaten

Auf mögliche inflationäre Tendenzen in den kommenden Jahren haben wir in unseren Marktkommentaren, Pressekolumnen und Gesprächen in den vergangenen Monaten ausführlich Stellung bezogen. Immer wieder haben wir betont, dass in diesem monetären Endspiel lediglich ein deflationärer Zusammenbruch in Verbindung mit Schuldenschnitten oder eine Inflationierung des Systems als Lösungsperspektiven in Frage kommen. Letzterer Weg ist weit weniger steinig und wird von Geld- und Fiskalpolitik eindeutig angestrebt.

Die Zentralbanken weltweit lassen angesichts der Corona-Krise die Notenpressen noch schneller laufen. Noch ist keine Inflation in Sicht. Aber das dicke Ende kann uns noch bevorstehen. Immer wieder haben wir auf die Monetarisierung der Staatsausgaben, die Aufgabe des Inflationsziels der Notenbanken, die Explosion der Geldmengen, den zunehmenden Protektionismus, die krisenbedingte Reduzierung des Angebots und vieles mehr hingewiesen. Inflation kommt nicht über Nacht, sie baut sich sukzessive auf. Mittlerweile wird dies auch an den Kapitalmärkten ansatzweise diskontiert. So steigen beispielsweise die zehnjährigen Inflationserwartungen kontinuierlich an.

Betrachtet man einzelne Indikatoren, kann man schnell zu der Einschätzung gelangen, dass die Kapitalmarktteilnehmer in absehbarer Zeit noch mit weit höheren Inflationsraten kalkulieren müssen. Viele Rohstoffe haben ihre jahrzehntelang anhaltende Phase von Preisrückgängen beendet. Kupfer beispielsweise, eines der wichtigsten Industriemetalle, wird weltweit derzeit besonders stark nachgefragt.
Ein ähnliches Bild beobachten wir bei Preisen von Mais, Weizen, Soja und anderen Agrargütern. Ein Index bestehend aus einer breiten Mischung an Agrarrohstoffen deutet auch hier einen Aufwärtstrend der Preise an.
Neben den Rohstoffen verteuern sich derzeit auch der Transport in unserer immer noch globalisierten Welt. Die deutliche Verteuerung der Container-Frachtraten zwischen Asien und Europa bzw. USA lassen einen nachhaltigen Preisauftrieb im Außenhandel erwarten. Um es nochmals klarzustellen. Wir erwarten derzeit keine hyperinflationären Tendenzen. Die Inflation in der Eurozone sollte ansteigen, zunächst jedoch unter dem Zielwert der EZB von 2 Prozent verharren. In den USA dagegen, dürften aufgrund der Defizitpolitik in Verbindung mit einer Dollarabschwächung Inflationsraten von über 3 Prozent erreichbar sein.

Selbst kleine Anstiege der Inflationsraten ändern die Spielregeln an den Kapitalmärkten

Aus unserer Sicht ändern sich gerade die Spielregeln an den Kapitalmärkten. Sollten wir mit unserer Prognose einer moderaten Inflationierung in den kommenden Jahren Recht behalten, könnte es zu einem Favoritenwechsel an den Börsen kommen. Viele Lieblinge der Anleger in den vergangenen Jahrzehnten wurden durch sehr niedrige Inflationsraten und deflationäre Tendenzen unterstützt. Wir wagen die Prognose, dass die Favoriten der vergangenen Jahre nicht zu den Gewinnern der Zukunft zählen werden. Substanzanlagen, die einem inflationärem Gegenwind widerstehen können oder sogar davon profitieren, sollten künftig in den Fokus der Anleger rücken. Bei Portfolios, die schwerpunktmäßig in teils hochbewerteten Wachstumsaktien und langlaufende Anleihen investiert sind, sollten man dem Risikomanagement eine höhere Bedeutung zumessen. Dagegen bieten Depots mit Schwerpunkt Value-Aktien, Rohstoffe, Edelmetalle und vielleicht inflationsgeschützte Anleihen mehr Renditepotential und zudem Schutz vor Inflation. Eine Umstrukturierung der Asset Allokation in Richtung eines leichten Inflationsanstieges könnte sich somit nicht nur als profitabel, sondern auch als risikomindernd erweisen.

Das Kernargument für Substanzwerte bleibt unsere feste Annahme, dass aufgrund des weltweiten Schuldenberges die nominalen Zinsen weit weniger steigen werden als die Inflationsraten. Unter normalen Umständen wären in diesem Umfeld Anleihen eine gefährliche Anlage. Konjunkturerholung, steigende Rohstoffpreise, höhere Inflationsraten sowie ein aufgrund der explodierenden Staatsverschuldung massiv ausgeweitetes Angebot an Anleihen bildeten immer in der Wirtschaftsgeschichte eine gefährliche Gemengelage. Diese Gefährdung wird aber mittlerweile von den Notenbanken weltweit entschärft. Durch ihre Ankaufprogramme kontrollieren sie die Renditeniveaus, Zinskurven und Risikoaufschläge. Der Realzins (Nominalzins minus Inflationsrate) wird dadurch noch negativer und hochwertige Substanzwerte damit noch attraktiver. Wir erleben dadurch den größten Anlagenotstand in der Geschichte der Menschheit.

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