Von Gerd Häcker, geschäftsführender Gesellschafter der steinbeis & häcker vermögensverwaltung
Der Biotech DAX konnte zuletzt von der allgemeinen positiven Stimmung der Biotechbranche in den USA profitieren. Das ist nicht selbstverständlich, denn oft waren starke Bewertungsunterschiede zwischen europäischen und amerikanischen Biotechnologieaktien in der Vergangenheit zu beobachten. Die Ursache hierfür liegt oftmals im Investitionsverhalten. Der typische europäische Biotechnologieinvestor fragt zuerst nach der Entwicklung der Finanzdaten und Cash-Flows, bevor er investiert. Amerikanische Investoren dagegen sind häufig Branchenspezialisten, die viel mehr die Innovation und Potenziale der Entwicklungspipeline von jungen Biotechfirmen bewerten, bevor das eigentliche Geld verdient wird. Daher gibt es manchmal bedeutende Diskrepanzen in den Bewertungen von Unternehmen mit vergleichbaren Chance-Risiko-Profilen.
Demographie sorgt für Wachstumsphantasie
Das Wachstumsaussichten der Branche bleiben vielversprechend. Die demografische Entwicklung in den Industrieländern und zunehmend auch in Teilen der Entwicklungsländer sorgen für eine steigende Nachfrage nach neuen, innovativen Behandlungsmethoden und Medikamenten. Neben der Überalterung wird das Wachstum der Branche auch durch den sich ausbreitenden westlichen Lebensstil und die dadurch sich ausbreitenden Zivilisationskrankheiten getrieben. Nach Schätzungen des Marktforschungsinstituts IMS Health werden sich die weltweiten Ausgaben für Medikamente zwischen 2012 und 2017 von USD 965 Milliarden auf USD 1,2 Billlionen erhöhen. Die entspricht etwa 10 Prozent des globalen Bruttoinlandsproduktes. Wie nicht anders zu erwarten, wird das Wachstum maßgeblich von den Ländern China, Indien und Russland angetrieben, die sich im Aufbau ihrer staatlichen Gesundheitssysteme befinden. Die wachsende Mittelschicht ist zudem der Garant für eine steigende Nachfrage nach privaten Gesundheitsdienstleistungen. Nur ein Beispiel: Die Pro-Kopf-Ausgaben für Gesundheitsdienstleistungen haben sich in den Industrieländern seit 1995 in etwa verdoppelt, während in China eine Verzwanzigfachung zu beobachten war.
Investieren – wer streut gewinnt
Wir bevorzugen eindeutig einen breit gestreuten Investmentansatz in die Biotechnologiebranche. Hier bieten sich aus unserer Sicht spezialisierte Fonds und erfolgreiche Beteiligungsgesellschaften wie beispielsweise BB Biotech an. Experten aus der Branche treffen hier fundierte Anlageentscheidungen, die privaten Anleger aufgrund der Komplexität der Materie nur schwer möglich sind. Bei vielen Unternehmen hängt die Entwicklung der Zukunft oft an einem seidenen Faden. Warum? Jedes Medikament muss in der Entwicklungsphase mehrere Studien erfolgreich durchlaufen, bevor es am Markt vertrieben werden darf. Klappt es mit der Zulassung und bietet der Markt großes Umsatzpotential, kommt es bei Biotechfirmen nicht selten zu bedeutenden Kurssprüngen. Manchmal wird aus dem neuen erfolgreichen Biotechunternehmen auch ein Übernahmekandidat. Die schwächelnde Pharmabranche ist ständig auf der Suche nach innovativen neuen Medikamenten, um zukünftiges Wachstum zu sichern.
Risiken nicht unterschätzen
Risiken bestehen bei Nichtzulassung bzw. dem Scheitern von Projekten, die sogar die Existenz einzelner Biotechgesellschaften gefährden können. Auch die Gesundheitssysteme „operieren“ in Einzelfällen gegen die hochpreisigen Innovationen von besonders erfolgreichen Firmen. Man versucht hier mit steigender Intensität eine Deckelung der Kosten zu erzwingen, um die Gesundheitsausgaben im Griff zu behalten. Das kann dazu führen, dass manchmal der Erfolg einiger Gesellschaften zu negativen Konsequenzen führen kann. Die innovative Biotechfirma Gilead Sciences ist beispielsweise durch den Erfolg im Hepatitis C-Bereich stark unter Druck gekommen, obwohl die Wirkung der angebotenen Medikamente höchst erfolgreich verlaufen war. Daher sollte der Anleger den Rat von Spezialisten nutzen und nicht nur auf Einzelwerte setzen.
Mögliche Kursrückgänge als Einstieg nutzen
Wir sind überzeugt, dass man als risikobewusster Anleger trotz aller Gefahren eine Portfoliobeimischung in diesem Segment tätigen sollte, um von dem strukturellen und langfristigen Wachstumstrend zu profitieren. In den letzten Jahren haben sich aber insgesamt die Bewertungen der Biotechnologiefirmen deutlich ausgeweitet. Schnäppchen gibt es nicht mehr. Damit sind die Kursrisiken für die in Mode gekommene Branche wieder gestiegen. Man sollte aus unserer Sicht daher schrittweise über einen mittleren Zeitraum ein Engagement in diesem Segment aufbauen, um nicht gleich von einer starken Korrekturphase überrascht zu werden.