Fiskal- und Geldpolitik fusionieren – die Monetarisierung der Staatsschulden durch die Notenbanken nimmt seinen Lauf

von | 21. April 2020

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Kolumne von Markus Steinbeis, Geschäftsführender Gesellschafter der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung GmbH in München.

 

Um die Ausbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, haben Regierungen weltweit das Wirtschaftsleben eingefroren. Im Angesicht einer drohenden ökonomischen Depression erleben wir derzeit eine historisch einmalige Flut an fiskalpolitischen Maßnahmen, um die negativen Auswirkungen zumindest partiell abzufedern. Unglücklicherweise waren die Schuldenquoten der überwiegenden Mehrzahl der westlichen Staatshaushalte schon vor Ausbruch der Pandemie auf schwindelerregenden Niveaus. Das unglaubliche Volumen der künftig zusätzlich zu emittierenden Staatsanleihen dürfte den Kapitalmarkt daher überfordern. Ein Großteil der Staatsdefizite wird wohl in den kommenden Jahren über die Druckerpressen der Notenbanken finanziert werden müssen. Die Monetarisierung der Staatsschulden erklimmt eine neue Dimension.

 

Staatsschulden geraten außer Kontrolle

Es sind bemerkenswerte Zahlen. Senat und Repräsentantenhaus in den USA haben ein Fiskalpaket in Höhe von 2 Billionen US-Dollar (USD) geschnürt. Dies entspricht knapp 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Weltweit beobachten wir Unterstützungsprogramme in ähnlicher Dimension. In Deutschland wurde die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse kurzerhand außer Kraft gesetzt und ein Corona-Hilfspaket von etwa 1,2 Billionen Euro auf den Weg gebracht. Wir sehen es mit Sorge, dass diese Pandemie viele Volkswirtschaften in einer Phase von außerordentlich hohen Schuldenquoten sowie chronisch unsolider Budgetpolitik trifft. Eindrucksvoll lässt sich das am Beispiel der USA veranschaulichen: Zu Beginn der Präsidentschaft von Donald Trump im Januar 2017 beliefen sich die Staatsschulden der USA auf knapp 20 Billionen USD, um sich dann bis November 2019 auf 22 Billionen USD zu erhöhen. Nun, sechs Monate später, hat sich der Schuldenberg auf 24 Billionen aufgetürmt. Auf dieser Basis sollen jetzt die Corona-Fiskalpakete finanziert werden. In vielen Ländern der Europäischen Union sind die Probleme ähnlich gelagert. Die Staatsverschuldung der westlichen Welt wird auf Höhen steigen, die vordem nur zu Kriegszeiten zu beobachten waren.

 

Die Frage nach der Finanzierung

Viele Anleger fragen sich, ob sich die Regierungen in den USA und anderswo diesen fiskalpolitischen Stimulus überhaupt leisten können oder dadurch eine Staatsschuldenkrise mit anschließenden inflationären Tendenzen ausgelöst werden könnte. Bleiben wir in den USA: Das US-Schatzamt wird in den kommenden Monaten und Jahren ein dramatisch hohes Volumen an Staatsanleihen zur Finanzierung der Defizite verkaufen und damit den Kapitalmarkt überfordern. Das Angebot wird zu aktuellen Zinssätzen die Nachfrage um Längen übersteigen. Diese Lücke werden die Notenbanken füllen. Wir gehen davon aus, dass ein Großteil der zukünftigen Staatsanleihen weltweit in deren Bilanzen landen werden. Die jüngst verkündeten, oft unlimitierten Kaufprogramme der großen Zentralbanken weisen in diese Richtung und begrenzen gleichzeitig das Risiko steigender Zinsen. Ähnlich wie in Japan erwarten wir, dass sämtliche westliche Notenbanken damit perspektivisch eine strikte Kontrolle der gesamten Zinsstrukturkurve anstreben. Damit können wir die Unabhängigkeit der Zentralbanken nun endgültig ad acta legen. Vielmehr erleben wir eine Fusion von Geld- und Fiskalpolitik. Salopp gesagt, finanziert frisch gedrucktes Geld die Budgetdefizite. Mit anderen Mitteln ist das Finanzsystem, so wie wir es kennen, nicht mehr zu stabilisieren.

Der Beginn inflationärer Zeiten?

Mit der Abschaltung der Wirtschaft in der Corona-Krise erleben wir einen deflationären Angebots- und Nachfrageschock. Kein Wunder also, dass sich Politiker eher um Deflation als um Inflation sorgen. Doch das könnte sich ändern. Anders als in der Finanzkrise (2007 – 2009) wird das frisch gedruckte Geld nun nachfragewirksam. Damals flossen die Geldströme überwiegend in den Finanzkreislauf und erzeugten lediglich eine Inflation der Vermögenspreise. Heute geben die Staaten das Geld über Transfers und diverse Programme aus.

„Geldentwertung ist immer ein monetäres Phänomen“, schrieb schon der bekannte Ökonom Milton Friedman. Viele große Inflationsphasen in der Wirtschaftsgeschichte hatten zwei Zutaten: Ein beliebig vermehrbares Geldsystem (Fiat-Money) sowie eine rasant steigende

Staatsverschuldung, die von der Notenbank finanziert wird. Beide Voraussetzungen sind zweifellos derzeit erfüllt.

 

Übergang von Deflation zu Inflation ist nur eine Frage der Zeit

Die deflationären Kräfte werden in dieser Krise noch einige Zeit die Oberhand behalten. Diese Kräfte sollten aber in den kommenden Monaten schwächer werden. Eine von Inflation geprägte Phase wird folgen. Übersteigt die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen das Angebot, nimmt die Inflation zu. Bleibt das Angebot infolge von Restriktionen und beschädigten Lieferketten eingeschränkt und erzeugen die staatlichen Transferleistungen bei einer Stabilisierung der Konjunktur einen Nachfrageüberhang, ist die Richtung vorgegeben. Regierungen werden sehr zögerlich sein, die eingeschlagenen fiskalpolitischen Maßnahmen zurückzufahren. Wir gehen davon aus, dass damit die Staatsdefizite mit einer Erhöhung der Geldmenge bei gleichzeitig ultratiefen Zinsen einhergehen werden. Es ist also nur eine Frage der Zeit, wann wir mit dieser Entwicklung konfrontiert werden. Es sind wohl eher nur Monate als Jahre.

 

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