Von Markus Steinbeis, geschäftsführender Gesellschafter der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung
Angesichts des zinslosen Umfelds sind Investoren weltweit auf der Suche nach Anlagealternativen. Es wächst verstärkt der Wunsch in Anlagen zu investieren, denen reale Vermögenswerte zugrunde liegen. Aufgrund der aktuell niedrigen Preise für Erdöl fragen sich viele Anleger, ob und wie sie nach sieben enttäuschenden Jahren wieder von eventuell steigenden Preisen profitieren können.
Strategisch können Rohstoffe wie Öl als Beimischung in einer Vermögensanlage durchaus sinnvoll sein. Sie sind in der Lage, ein Portfolio zu diversifizieren, da sie ihre eigenen Zyklen haben und deshalb eine divergierende Wertentwicklung gegenüber Aktien und Anleihen aufweisen. Darüber hinaus federten Rohstoffe in der Vergangenheit oftmals inflationäre Tendenzen ab. Allerdings lebten wir zuletzt fast 10 Jahre in einer deflationär geprägten Welt. Trotz aller geldpolitischen Exzesse bis hin zu Negativzinsen sind die Preise der wichtigsten Rohstoffe in den letzten Jahren kollabiert. Schwaches weltweites Wirtschaftswachstum aber vor allem ein zuletzt stark steigendes Angebot hat bei den Preisen für Erdöl zu einem der dramatischsten Einbrüche der letzten 30 Jahren geführt. Mit Hilfe von neuen Technologien bei der Gewinnung von Öl aus Schiefergestein sowie der Uneinigkeit der OPEC bezüglich der Fördermengen überstieg das Angebot mehrere Monate lang eine inzwischen wieder anziehende Nachfrage mit entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Preise.
Viele Produzenten reagierten mittlerweile auf das niedrige Preisniveau mit teils drastischen Produktionskürzungen. Auch die OPEC hat den Ernst der Lage für Ihre Mitglieder erkannt und sich wieder befristet auf Fördergrenzen geeinigt. Das Angebot hat sich mittlerweile der Nachfrage angeglichen, sodass das Chance-Risiko-Verhältnis auf gegenwärtigen Preisniveaus bei Öl attraktiv erscheint. Allerdings sind und bleiben die Preise sehr schwankungsanfällig sowie zahlreichen wirtschaftlichen und politischen Einflussfaktoren ausgesetzt.
Zertifikate nur für mittelfristige Spekulation
Wer als Privatanleger in Erdöl investieren will, sollte sich zunächst über seinen Anlagehorizont im Klaren sein. Bei Rohstoffen ist es nämlich noch wichtiger als bei anderen Anlageklassen, zwischen temporären Faktoren und langfristigen Trends zu unterscheiden. Da man Öl schlecht physisch kaufen und lagern kann, ergeben sich zudem Probleme bei der Umsetzung einer Investitionsentscheidung. Wer kurzfristig spekulieren und selbst keine Derivate einsetzen möchte, dem stehen eine Reihe von Zertifikaten zur Verfügung. Allerdings ist zu beachten, dass diese Vehikel das Öl ebenfalls nicht physisch am Kassamarkt erwerben können. Zertifikate investieren also nicht direkt in das schwarze Gold, sondern erzielen die Wertentwicklung über Derivate auf den Ölpreis. Da diese Derivate eine begrenzte Laufzeit besitzen und daher immer wieder erneuert werden müssen, können hohe Kosten entstehen, die den Erfolg der Anlage teils deutlich mindern. Insofern eignen sich Zertifikate in erster Linie meist nur für eine kurz- und mittelfristige Spekulation. Für den strategischen, langfristigen Investor sind sie weniger geeignet.
Ölaktien als längerfristige Alternative
Alternativ können Anleger in Unternehmen investieren, die mit Öl ihr Geld verdienen. Diese Variante hat aber ebenso Vor- und Nachteile. Zunächst lässt sich feststellen, dass die Kurse von Ölunternehmen zwar von den Entwicklungen an den Rohölmärkten beeinflusst werden, aber eben nicht nur. Letztendlich handelt es sich um Aktien, mit all den damit verbundenen unternehmerischen Risiken und einem hohen Gleichlauf mit den breiten Aktienmärkten. Der Vorteil der Diversifikation mit anderen Anlageklassen ist somit wesentlich geringer ausgeprägt. Andererseits sind derzeit aufgrund der aktuell niedrigen Ölpreise viele Unternehmen attraktiv bewertet und glänzen mit hohen Dividendenrenditen. Steigende Ölpreise sollten sich nach Jahren der Kosteneinsparungen positiv auf die Gewinnentwicklung auswirken und die Aktienkurse steigen lassen. Die großen integrierten Konzerne können darüber hinaus Schwankungen beim Ölpreis durch ihr Raffinerie- und Tankstellengeschäft ausgleichen.
Ein Portfolio aus breit aufgestellten Unternehmen mit solider Bilanz und guter Dividendenfähigkeit kann auf Basis die aktuellen Kurse für den langfristigen Anleger daher durchaus lukrativ sein. Wer sich nicht die Mühe der Titelauswahl machen möchte kann auf eine Reihe von entsprechenden Fonds zurückgreifen, die breit gestreut in Aktien aus dem Ölbereich investieren.
Von Markus Steinbeis, geschäftsführender Gesellschafter der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung