Stabilität und Alpha: Ein Plädoyer für europäische Nebenwerte

von | 18. Februar 2019

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Kolumne von Markus Merkel, Leiter Mandate und Kooperationspartner der steinbeis & häcker vermögensverwaltung gmbh in München

Der Jahresausklang 2018 war geprägt von einem signifikanten Preisverfall auch qualitativ hochwertiger Aktien sowie zunehmendem Gegenwind aus Politik und Wirtschaft. Im Anlagejahrgang 2018 konnte kaum eine der wesentlichen Anlagekategorien Wertzuwächse verzeichnen. Unsere Prämisse, Vermögen zu bewahren und Chancen zu nutzen, gebietet es weitere stabilisierende Maßnahmen für 2019 zu diskutieren. Insbesondere aktiv verwaltete Nebenwerte-Strategien aus der Eurozone scheinen uns in hervorragender Weise zusätzlichen Risikoschutz liefern zu können.

 

Aktien Europa Mid/Small Caps jetzt? – “Die spinnen die Bayern!”

Nun durchaus nicht – wir sehen uns eher als gallisches Dorf, das die in diesen Tagen gerne zitierte Mär von den volatilen, stark zyklischen und überbewerteten Small Caps als das entlarvt, was sie ist, nämlich ein Mythos, der sich zwar hartnäckig hält, aber deswegen nicht an Wahrheitsgehalt gewinnt.

Es ist sicherlich zutreffend, dass der deutschen Automobilindustrie gegenwärtig seitens des internationalen Wettbewerbs die Frage gestellt wird, ob sie mit ihrer tradierten Produktpolitik adäquat auf eine massive Nachfrageverschiebung bei individuellen Massenverkehrsmitteln reagieren kann. Investitionsprogramme in neuartige Antriebswege und Konstruktionsweisen können erst mit großem zeitlichen Verzug Wirkung zeigen. „Made in Germany“ wird nicht mehr als Kaufargument an sich genügen. Und in Deutschland hängen etwa zwei Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt am Tropf dieser Sparte.

Dies führt uns wieder zu den zahlreichen in den Nebenwerte-Indices MDAX und SDAX gelisteten Zulieferern innerhalb der Wertschöpfungskette der Autowirtschaft. Hier kommen die Einschläge nun näher. Die Nachrichtenlage hinsichtlich Firmen wie Salzgitter, Norma, Aumann, Leoni etc. spricht Bände. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Europäischer Mittelstand und europäische Spezialwerte decken eben auch Geschäftsmodelle aus den Bereichen Industrie 4.0 oder Künstliche Intelligenz ab, wo sie teilweise mittelfristig uneinnehmbare Burggräben und Wettbewerbsvorteile etablieren konnten. Zudem finden sich zahlreiche Immobiliengesellschaften bzw. REITs, deren Kursverlauf völlig unbeeindruckt von erratischen Marktschwankungen verläuft. Nota bene: „Vom Ernst des Lebens halb verschont ist der schon, der in Münchner Immobilien wohnt“ (frei nach Eugen Roth). Aber der Reihe nach:


Charakteristika europäischer Nebenwerte    

Nebenwerten unseres Wirtschaftsraums ist häufig gemeinsam, dass sie Branchenführer in klar umrissenen Geschäftsfeldern sind und zugleich zügig sowie flexibel auf sich stetig verändernde Rahmenbedingungen reagieren können. Sie sind eher “Hidden Champions” als angegraute Großkonzerne; eher Schnellboote als träge Tanker. Zudem sind Nebenwerte häufig inhabergeführt. Die Interessen von Eigentümer und Aktionären sind somit oft gleichgerichtet. Die Entscheidungsprozesse verlaufen üblicherweise unkompliziert und die unternehmerischen Weichen

werden weitblickend und langfristig strategisch gestellt. Des Weiteren stellen Spezialwerte potentielle Übernahmeziele größerer Konzerne dar, was zu erheblichen Preisaufschlägen führen kann (Osram / Finanzinvestoren; Pharma / Biotech; China). Vor allem jedoch werden diese Titel oftmals nur von wenigen Aktienanalysten verfolgt. Ein Umstand, der mit MiFID II noch stärker zutage trat. Die Marktabdeckung durch Analysten bei Werten der zweiten und dritten Reihe trocknete aus. Die daraus resultierenden Informationsineffizienzen führen mitunter zu verkannten Aufwertungspotentialen. Langjährig erfahrene, aktive Manager machen hier den Unterschied.


Vom richtigen Umgang mit Mid, Small und Micro Caps

Grundsätzlich ist dem Szenario eines fortbestehenden negativen Realzinsumfelds ein hoher Erwartungswert zuzubilligen, insbesondere dann, wenn höherrentierliche Anleihen aus Qualitätsgründen unberücksichtigt bleiben sollen. Die Aktie als liquider, realer Substanzwert bleibt somit ein Instrument der ersten Wahl. Index-orientiertes Investieren scheidet gleichwohl aus. Es ist nicht ersichtlich, warum ein Geschäftsmodell investitionswürdig sein soll, nur weil es einer Gruppe anderer Geschäftsmodelle (den Index-Mitgliedern) ähnelt. Der präferierte aktive Managementansatz erfordert freilich eine detailorientierte und akribische Arbeitsweise des Fondsmanagers, gepaart mit jahrelanger Kenntnis der von ihm begleiteten Unternehmen. Diese Fertigkeiten finden in einem möglichst umfangreichen und vielfältigen Anlageuniversum ihre optimalen Entfaltungs-möglichkeiten. Genau deshalb sind europäische Nebenwerte für die Umsetzung einer auf Alpha-Generierung anzielenden Stock-Picking-Strategie prädestiniert.

Der Investmentansatz sollte fundamentalen Value-Prinzipien folgen, wobei dies nicht statisch-naiv als Kombination aus hoher Dividende und niedrigem KGV zu verstehen ist. Ein optisch niedriges KGV kann eine Konsequenz aus einem vorgehenden Kursverfall aufgrund von Management- und Strategiefehlern sein, eine hohe Dividende mag ein Indiz für die Unfähigkeit des Unternehmens sein weiter in margenstarke und zukunftsorientierte Geschäftsbereiche zu investieren. Zudem besteht die Gefahr überteuerter Übernahmen oder sonstiger verfehlter Kapitalallokationen.

Ein Value-Titel zeichnet sich vielmehr durch eine ausreichend hohe Differenz zwischen dem Börsenwert eines Unternehmens und seinen perspektivischen Bewertungsmöglichkeiten aus. Katalysatoren bzw. „Game Changer“ sind dann die Auslöser für das Heben der Unterbewertung. Insofern sollte der Fondsmanager sich als Buy-and-Hold-Investor verstehen, der geduldig auf die Realisierung dieser Trigger zu warten vermag. Unternehmen mit attraktiven Geschäftsaussichten dürfen somit gerne auch höher bewertet sein als „Lame Ducks“. Nicht zuletzt sollte die Investmentphilosophie einer High-Conviction-Maxime unterliegen, die Bestimmung der Positions-größen also in unmittelbarem Zusammenhang mit der Überzeugung zur jeweiligen Investmentidee stehen. Es sollten unterschiedlichste Ideen kombiniert werden, um in allen Phasen des Konjunktur-zyklus das Alpha auf Fondsebene zu verstetigen.

 

Fazit: Europäische Nebenwerte als Alpha-Quelle und defensive Depotbestandteile

In Erwartung eines zunehmend unkalkulierbaren Umfelds an den internationalen Anlagemärkten, bei zugleich zunehmender Volatilität, immer kürzeren zeitlichen Abfolgen und angesichts des manifestierten negativen Zinsregimes, gewinnen konservative Depotelemente an zunehmender Bedeutung. Europäische Nebenwerte sind als risikominimierende Elemente im Portfoliokontext geeignet, sofern die beschriebenen Prinzipien beachtet werden.

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